Abiturverleihung und Sommerfest 2024
Und wieder ist ein Schuljahr vorbei.
Dieses Jahr gab es in den letzten zwei Schulwochen besonders viele Veranstaltungen und Feste: Die Abiturfeier, die Verabschiedung von Herrn Dr. Hansen, der nach 15 Jahren Arbeit als stellvertretender Schulleiter am Kolleg in den wohlverdienten Ruhestand geht und natürlich unser Sommerfest, das dieses Jahr trotz sehr herausforderndem schwülheißen Wetter an alte Traditionen angeknüpft hat: viele aktive und ehemalige KollegiatInnen und Lehrkräfte haben Essen, Trinken ud gute Gespräche genossen und ein schönes kleines Kulturprogramm mit Theater, Poetry und Kunstführungen erfreute sich reger Teilnahme.
Bei der Abiturverleihung haben wir wieder einmal individuellen, vielfältigen, klugen und freundlichen jungen Menschen mit einer schönen Diashow, Chorgesang, Musik und Reden ihr Abiturzeugnis und ein einzigartiges von KollegiatInnen bedrucktes Kolleg-Schöneberg T-Shirt (in der richtigen Größe! – Danke Kunstfachbereich!!!) überreicht.
Die unterhaltsame und gleichsam realistische wie satirische Abirede von Lucas Schnoor können Sie hier nachlesen:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Lehrer,
vor etwa 2 ½ Jahren erzählte mir ein Freund (Hallo Till) von einem magischen Ort im Herzen der City West-Berlins. Seine fast fabulös scheinenden Erzählungen von 90-minütigen Unterrichtseinheiten mit dazwischen liegender „Raucher“-Pause, sehr „entspannten“ Lehrern und regelmäßigen Schulferien, wie man sie aus seiner Kindheit kannte, schienen für mich fast zu schön, um wahr zu sein. Da dies Tills erster Tag nach der Quarantäne seiner Corona-Erkrankung war, fürchtete ich, er sprach noch im Fieberwahn oder hatte seine Omicron-Infektion nicht ohne bleibende Schäden überstanden. Für den Besuch dieser wunderlichen Institution solle man zusätzlich noch staatliche Alimentierungen in Höhe von etwa 900€ erhalten. Und als ob das alles noch nicht genug war, versprach man zu Ende auch noch, quasi als Treuebonus, das Abitur zu bekommen. Meine Neugier war geweckt und ich beschloss, dem Ganzen auf den Grund zu gehen, und so begannen mit dem Schuljahr 2022 zwei Jahre an der sagenumwobenen Institution, die uns allen als Kolleg Schöneberg bekannt ist.
730 Tage, 1460 Red Bulls und 4380 Zigaretten später freue ich mich nun darauf, Ihnen hier die Resultate meiner Recherche zu präsentieren. Schnell merkte ich, dass die Uhren am Kolleg Schöneberg anders tickten. Beim Unterrichtsbeginn zwischen 08:30 Uhr und 09:00 Uhr waren meist mehr als die Hälfte der Kollegiaten und Kollegiatinnen eingetroffen, vorausgesetzt, es war nicht Montag oder Freitag. Oder in der Woche vor den Ferien. Oder nach der Klausurenphase. Oder wenn das Wetter gut war. Nach einer anfänglichen Plauschrunde zwischen Kollegiaten und der jeweiligen Lehrkraft, bei der die Themenauswahl sich variabel gestaltete (Wochenendaktivitäten, Gesundheitszustand der Lehrkraft, private Probleme der Schüler wie z.B. Liebeskummer oder familiäre Konflikte), waren meist die ersten 45 Minuten geschafft und es ging in die wohlverdiente Raucherpause oder für die besser situierten Kollegiaten auch gerne zu Bäckerei Schnell für einen sündhaft teuren Kaffee.
Anschließend dann Halbzeit 2 des ersten Blocks, und die nun besprochenen Themen waren zumeist auch mit dem Lehrplan vereinbar. Daraufhin folgte das erste große Highlight des Tages: die 15–20-minütige Hofpause. In diesem Menschenzoo aus angehenden Akademikern, mehr oder weniger trockenen Alkoholikern, alleinerziehenden Müttern von Kindern, Hunden oder Tauben (Hallo Janine) und ehemaligen Klassenclowns fand nun jede dieser wissbegierigen Persönlichkeiten die für sich beste Möglichkeit, die Zeit unbeschadet zu überstehen. Das Raucherrudel beim Unterstand, die Cafeteria-Crew mit ihrer Anführerin (Hallo Alexandra), die verlorenen Seelen, die oben in ihren Klassenräumen blieben und auf Notenfang gingen, und einige, denen es plötzlich nicht mehr so gut ging und somit entschieden, die Hefter für den heutigen Tag ad Acta zu legen.
Es folgte der zweite Unterrichtsblock, in dem, in der Regel, die Anwesenheit ihren Höhepunkt erreichte. Das Lehren und Lernen war in vollem Gange und durch die prall gefüllten Nikotinspeicher, sowie das anflutende Koffein und die Antizipation der nächsten 5 Minuten Pause, erreichte auch die Motivation ungeahnte Kräfte. Während sich im ersten Drittel des Klassenraums der Arm in hebender Position chronisch zu verkrampfen schien und der pseudointellektuelle Unterton der Mitschüler spätestens beim nächsten Hofgang wieder verloren gegangen war, bestand im letzten Drittel das Wissensfundament aus der Kenntnis des Stundenplans und des sich zu befindenen Raums. Die aus den letzten Reihen erschallenden Antworten waren oft geprägt von lethargischem Klang, latentem Desinteresse und ChatGPT-gestützten Formulierungen. Die motivierteren Kollegiaten leisteten sich sogar für 22,99€ monatlich die Premiumversion.
Nach dem zweiten Block folgte logischerweise die zweite große Pause. Dort wiederholte sich das Spektakel der ersten Pause, nur nun deutlich aufgeweckter und mit größerer Erwartungshaltung dem sich anbahnenden Schulschluss gegenüber.
Nach dem dritten Block war nun ein Großteil der Schüler mit dem Schultag fertig und verließ unter den neidischen Blicken der Schüler, welche noch einen Block abzusitzen hatten, das Schulgelände. Böse Gerüchte besagen, dass vor allem die von Herrn Hansen verhassten Schüler ihre Knechtschaft bis 15:30 Uhr verrichten mussten.
Trotz der harten Strapazen des Schulalltags möchte ich die Zeit nicht missen. Um den Umgang untereinander mit den Worten von Herrn Kophal zu beschreiben, den ich hier mal frei zitieren darf: „Auf dieser Schule wurde der Jahrhunderte alte Krieg zwischen Lehrern und Schülern beendet und ein Friedensabkommen geschlossen.“ Ich glaube, im Namen aller meiner Mitschüler zu sprechen, wenn ich sage, dass wir vergleichsweise gerne zum Unterricht gekommen sind und der eine oder andere, der damals vom ersten Bildungsweg traumatisiert wurde, dies hier aufgearbeitet hat. Ob nun die viel zu früh aus Versehen Mutter gewordene junge Frau oder der erst seit wenigen Jahren in Deutschland lebende junge Mann, alle, gleich ihrer Herkunft, Hautfarbe oder ihres Alters, werden hier am Kolleg Schöneberg von den Lehrkräften, den Mitkollegiaten und sonstigen Mitarbeitern der Schule (Hallo Frau Glaser, Hallo Pogo, Hallo Frau Grete) mit offenen Armen empfangen. Über die drei Jahre wurde der Saulus zum Paulus, der MSA-Absolvent mit befriedigenden Noten zum guten Abiturienten, der Ausbildungsabbrecher zum Frühaufsteher, der Nichtraucher zum Raucher und der Verteidiger der schwarzen Null zum Fan von Sanierungen für Schultoiletten.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal die hervorragenden pädagogischen Qualitäten der Lehrerschaft betonen und mich im Namen unseres Jahrgangs bedanken. Nicht nur mit der fachlichen Wissensvermittlung, sondern auch in pädagogischer Hinsicht, leisten alle Lehrer und Lehrerinnen hervorragende Arbeit. Bei sämtlichen Fragen, ob schulischer oder privater Natur, fand man immer ein offenes Ohr und konnte von Ratschlägen der Lehrkräfte, oft ebenfalls mit turbulentem Lebensweg ausgestattet, profitieren und etwas für sich mitnehmen. Das Kolleg als Auffangbecken für vermeintliche Randgestalten der Gesellschaft und Spätentschlossene, die doch noch einmal einen anderen Lebensweg einschlagen wollen, erfüllt diesen Zweck durch seine Lehrerschaft hervorragend und erhält von mir das Prädikat „Schule mit Herz“. Weiterhin möchte ich an dieser Stelle noch einmal dem verstorbenen Herrn Grass gedenken, der vor seinem Ruhestand noch, als von uns allen geschätzter, Lehrer aktiv war.
Wir alle haben am Kolleg Schöneberg Freunde gefunden und Kontakte geknüpft. Und auch wenn wahrscheinlich nicht alle diese Bindungen ewig halten werden, so hat man doch eine lange und vermutlich für den Rest des Lebens prägende Zeit miteinander verbracht. Wir haben uns kennengelernt, zusammen Erfahrungen gesammelt und ich hoffe, dass wir alle mit positiven Gefühlen auf diesen Teil unseres Lebens zurückblicken werden. Ich wünsche allen Absolventen und auch denjenigen von uns, die es leider nicht geschafft haben, alles Gute für die Zukunft und einen gelungenen Start in den neuen Lebensabschnitt. Ich bin stolz, dass wir unser Ziel erreicht haben, froh, diesen Weg mit euch gegangen zu sein und gespannt, wie die Reise für uns weitergeht.
Unser Dank geht an alle Beteiligten für die schönen Jahre und unser Appel richtet sich an die Schule samt Lehrerschaft: Bitte bleibt so, wie ihr seid, sodass auch zukünftige Kollegiaten und Kollegiatinnen, diese berliner Institution so erleben dürfen, wie wir es taten.
Wir sehen uns beim Sommerfest!
Danke Lucas für die gelungen gesetzten Worte!
Alles in allem waren es sehr schöne Feste und Feiern und nun ist allen nur wunderbar erholsame Sommerferien zu wünschen!